Oft wird von einem 24-Stunden-Betrieb im Wald gesprochen. Sicherlich darf man davon ausgehen, dass Freizeitaktivitäten im Wald auch während der Dämmerung und bei Nacht zugenommen haben, insbesondere in stadtnahen Wäldern. Daten dazu gibt es aber nur wenige. In einer Studie hat die ZHAW die Freizeitnutzung in verschiedenen stadtnahen Wäldern während der Dämmerung und der Nacht untersucht.
Freizeitaktivitäten haben das Potenzial, Wildtiere in ihrem tageszeitlichen Rhythmus zu stören, v.a. wenn sie in den traditionell «ruhigen» Randzeiten des Tages durchgeführt werden oder in offenen Gebieten (z. B. Waldränder, Lichtungen), wo Wildtiere häufig ihre Nahrung aufnehmen. Global lässt sich beobachten, dass Wildtiere ihre Aktivitätsrythmen aufgrund von menschlichen Aktivitäten vermehrt in die dunkle Tageszeit legen. Wenn nun die menschliche Nutzung auch während der Dunkelheit zunimmt, kann dies dazu führen, dass Wildtiere ihr Verhalten weiter anpassen müssen und/oder ein gutes Habitat verlieren. Sie verfügen somit über weniger Ressourcen, was schliesslich ihren Fortpflanzungserfolg vermindern und ganze Populationen nachhaltig schädigen kann.
Um mehr über die nächtlichen Freizeitaktivitäten im Naherholungswald zu erfahren, erhob die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) im Auftrag des Bundesamts für Umwelt und der Kantone Aargau und Freibrug während des Kalenderjahrs 2023 in sechs Naherholungswäldern der Deutsch- und Westschweiz mittels 23 automatischen Zählgeräten die Besuchszahlen. Zudem wurden Besuchende von Wäldern befragt und sechs Experteninterviews abgehalten (Hochreutener et al., 2024).
Die Kernaussagen der Studie sind:
In Naherholungswälder des Schweizer Mittellandes werden Freizeitaktivitäten auch während der Dämmerung und in der Nacht ausgeübt. Im Spätherbst und im Winter ist der Anteil während der Dunkelheit höher als im Sommer. Er ist aber dennoch recht klein.
Etwa die Hälfte von 600 befragten Waldbesuchenden sind auch während der Dämmerung oder in der Nacht im Wald unterwegs. Die häufigste Aktivitäten sind Spazieren und Wandern. Der Wald wird aus denselben Gründen besucht wie am Tag, wobei sich die Befragten nach einem Besuch in der Dämmerung erholter fühlen als am Tag.
Laut Experten können Aktivitäten zu diesen Zeiten für einige Wildtiere eine erhebliche Belastung darstellen. Insbesondere wenn Aktivitäten abseits der Wege stattfinden und Lampen verwendet werden, können Wildtiere während ihrer Äsungszeit gestört werden. Die nächtlichen Aktivitäten hätten in den letzten Jahren zugenommen, und die Tiere hätten ihr Verhalten verändert.
Wichtige Lenkungsmassnahmen sind gemäss Experten das Bereitstellen einer attraktiven offiziellen Infrastruktur.
Empfehlung der Autorinnen und Autoren der ZHAW-Studie über nächtliche Freizeitaktivitäten im Naherholungsgebiet
Laut Studienautor:innen ist es entscheidend, dass störungsarme Gebiete sowohl räumlich (schwer zugängliche, abgelegene Wälder) als auch zeitlich (Dämmerung und Nacht) erhalten bleiben.
Die Autor:innen empfehlen eine zielgerichtete Besucherlenkung, die einerseits positive Erlebnisse der Waldbesuchenden ermöglicht und andererseits die negativen Auswirkungen auf Wildtiere abseits von Wegen und in der dunklen Tageszeit reduziert.
Hochreutener A., Blank J., Bar-Gera B., Wyttenbach M. (2024). Nächtliche Freizeitaktivitäten im Naherholungswald (NAF). Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Interaktiver Projektbericht.